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Gesund Bewegen

Muskeln von der Stange 

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Mit Ball an der Ballettstange: Im Berliner Studio Becycle wird beim Barre-Work-out auch mit Hilfsmitteln trainiert.                    Foto: Alexander Heinl/dpa-tmn

Fit werden mit dem Barre-Training: Dieser sportliche Trend etabliert sich gerade in Deutschland und bedeutet einige Anstrengung. 

VON TERESA NAUBER In Hollywood halten sich Models und Schauspielerinnen seit einiger Zeit an der Ballettstange fit – mit beachtlichen Ergebnissen. Nun hat sich das Training auch in Deutschland etabliert. Die Übungen haben es in sich. Das Barre-Training hat aber auch einen Nachteil. Wer beim Stichwort Ballett an rosafarbene Tutus und ein bisschen Gehüpfe denkt, dürfte schon am Empfang des Berliner Studios Becycle skeptisch werden. „Nimm ein Handtuch mit rein, du wirst es brauchen“, bekommt zu hören, wer zum ersten Mal am Barre teilnimmt. Morgen nicht zu viel vornehmen, denn das Laufen wird schwerfallen, könnte man ergänzen. Das Training an der Ballettstange ist alles andere als ein Spaziergang. Bekannt aus Hollywood Bekannt wurde Barre, als weibliche Hollywoodstars vor ein paar Jahren begannen, Fotos von sich beim Training an der Stange in sozialen Medien zu posten. Von Kalifornien aus kam der Trend nach Deutschland – wo sich vor allem die Tanzstudios über den Hype freuten. Klientel, die sie einst an die Fitnessstudios verloren haben, kehrt nun zurück an die Stange. Auch Neueinsteiger fühlen sich angesprochen. Fürs Barre brauchen sie keine Vorkenntnisse – weder Rhythmusgefühl noch die Fähigkeit, sich Choreografien zu merken. „Die Schwelle ist viel niedriger als beim Tanzen“, bestätigt Tessa Temme vom Institut für Tanz und Bewegungskultur an der Kölner Sporthochschule. Im Trainingsraum in Berlin geht es nach einem kurzen Aufwärmprogramm direkt an die Stange. Den Blick zum Spiegel gerichtet, die Füße leicht nach außen gedreht, beugen die jungen Frauen ihre Knie. Rauf auf die halbe Spitze, in die Kniebeuge und wieder zurück. Noch einmal und noch einmal – bis es brennt. In den Füßen, den Waden, den Oberschenkeln. Hat das wirklich etwas mit Ballett zu tun? „Ich bezeichne es eher als Fitnesstraining an der Ballettstange“, sagt Victoria Henze, die als Sportlehrerin und Tänzerin arbeitet und nebenbei den Barre-Kurs gibt. Die Stange dient als Hilfe Und tatsächlich liegt der Fokus der ganzen Stunde eher darauf, den Körper zu formen. Die Stange dient als Hilfe – etwa, um den Oberkörper darauf abzulegen, während die Teilnehmerinnen ihre Pomuskeln mit abwechselnd nach hinten gehobenem Bein stählen. Zum Einsatz kommen auch weiche Gymnastikbälle, die etwa bei der Kniebeuge zwischen die Beine geklemmt werden. Oder spezielle Gummis, die man an den Füßen befestigt, um die Beinmuskulatur noch mehr zu fordern. Nach dem Stangentraining geht es in Henzes Stunde noch zum Bauchmuskeltraining auf die Matte. Danach folgt eine kurze Entspannung. Wie genau das Training aufgebaut ist, hängt sehr vom Lehrer ab. Feststehende Übungen gibt es nicht, sagt Barbara Heiner, die ein Buch zum Barre-Training geschrieben hat und in München selbst Stunden gibt. Heiner hat eine Yogalehrer- und eine Pilates-Ausbildung und richtet ihr Barre-Training auf einen Bewegungsfluss aus. Ihr Fokus ist weniger die Ausbildung einer perfekten Silhouette als vielmehr ein gesunder Körper, sagt sie. Die Stange habe einen ganz entscheidenden Vorteil: „Sie bringt uns in eine aufrechte Haltung.“ Und man kommt in Positionen, die ohne Festhalten nicht so ohne Weiteres möglich wären.

Aus meiner Sicht lohnt es sich, mehrere Angebote auszuprobieren.

Barbara Heiner Barre-Trainerin

Gefühl für Bewegung bekommen

Tessa Temme von der Sporthochschule freut sich einerseits über den Trend. Denn anders als etwa beim Crossfit oder hochintensiven Intervalltraining geht es beim Barre nicht in erster Linie um Schweiß, sondern um ein Gefühl für den Körper und die Bewegung. Ein großer Vorteil ist zum Beispiel, dass barfuß trainiert wird. Allein: So richtig löst das Barre-Training sein Versprechen nicht ein. „Problematisch ist der Umgang mit der Stange“, sagt Temme.

Im Tanztraining ist sie dafür gedacht, Dinge zu üben, für die man noch Unterstützung braucht – „immer mit dem Ziel, sich irgendwann von der Stange zu lösen“. Barre dagegen erhebt das Training an der Stange zum Konzept. „Die Teilnehmer lernen also nie, die Übungen frei im Raum zu schaffen.“ Eine bedauerliche Einschränkung, findet die Tänzerin und Sportwissenschaftlerin.

Wer aber einfach etwas für sich und seinen Körper tun will und sich vom Training an der Ballettstange angesprochen fühlt, für den kann Barre durchaus das Richtige sein. Das gilt ausdrücklich nicht nur für Frauen. Genauso wenig wie das Tanzen ist Barre per se ein weiblicher Sport.

Barbara Heiner rät Einsteigern, ruhig eine Weile nach dem optimalen Kurs zu suchen. Manche Lehrer verwenden schnelle Musik und legen den Fokus eher auf Fitness, andere gestalten das Training sehr tänzerisch. „Aus meiner Sicht lohnt es sich, mehrere Angebote auszuprobieren“, sagt Heiner.

Lehrer muss Erfahrung haben und gut anleiten

Achten sollten Beginner auf die Qualifikation des Lehrers. „Das ist beim Barre besonders wichtig“, sagt Temme. Dreht jemand etwa die Füße weiter nach außen, als seine Hüften es zulassen, drohen Knieprobleme. Idealerweise ist der Trainer gelernter Gymnastiklehrer, Sportwissenschaftler oder wurde an einer Kunsthochschule oder staatlich anerkannten Akademie zum Tänzer ausgebildet.

Ein Stück weit kann sich der Trainierende aber auch selbst schützen: „Niemals sollte man Schmerz ignorieren, nach dem Motto: Tänzer müssen da durch“, sagt Temme. Heiner rät, sich eine Klasse zu suchen, die mindestens 60 Minuten dauert. „Sonst hetzt man durch das Training und hat nicht so viel davon.“

Obwohl sich auch Ausdauerelemente ins Barre-Work-out integrieren lassen, ist es den Expertinnen zufolge ratsam, nebenbei etwas für Herz und Kreislauf zu tun. „Das Barre-Training findet ja drinnen statt, deswegen bietet es sich an, für die Ausdauer draußen walken oder joggen zu gehen“, sagt Heiner.

Wer hüpft, bleibt fit: Seilspringen liegt wieder im Trend 

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iStockphoto/TrotzOlga

VON CHRISTINA BACHMANN

Hinkelkästchen, Gummitwist und Seilspringen beschwören Bilder aus der Kindheit herauf. Seilspringen macht derzeit als Rope Skipping noch mal richtig Karriere. Im Verein kann man es bis zur Weltmeisterschaft schaffen. Aber auch das Hüpfen für den Hausgebrauch hält fit.

„Spring mit – bleib fit!“, singt schon Kermit, der Frosch, im „Sesamstraßen“- Klassiker „Do-hop“. Und er hat Recht: Wie jeder Ausdauersport wirkt sich Seilspringen - mittlerweile gern als Rope Skipping bezeichnet - positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus, sagt Elisabeth Graser, Dozentin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken. „Auch die Arm-Bein-Koordination, Gleichgewicht und Konzentration werden gefördert.“ Und es stärkt natürlich die Muskeln im Rumpf, in den Beinen und im Gesäß.

Dazu macht Seilspringen richtig Spaß, sagt Hanno Kramer, beim Verein SG Blau Weiß Beelitz in Brandenburg verantwortlich für die Abteilung Rope Skipping. Seilspringen, sagt er, sei sehr facettenreich: „Es gibt so wahnsinnig viele Möglichkeiten des Gestaltens, man kann richtig kreativ sein.“ Gute Gründe also, mit dem Hüpfen zu beginnen. Doch wie bei allen Sportarten kommt es darauf an, wer sie betreibt. „Übergewicht oder Fehlstellungen sind Kontraindikationen, wo das Springen aufgrund der erhöhten Gelenkbelastung kritisch werden kann“, warnt Graser.

Wer die Sache mit dem Sport seit der Schule etwas hat schleifen lassen, sollte sich lieber ärztlich durchchecken lassen, bevor er mit einer so intensiven Sportart beginnt. Anfänger starten ohnehin am besten langsam: Etwa zweibis dreimal die Woche fünf Minuten sind laut Graser sinnvoll. Wer fit ist, kann dagegen problemlos mit Rope Skipping anfangen. Benötigt werden nur gute Sportschuhe, ein Seil, das in den Griffen drehbar ist, und die richtige Musik. Stücke mit 130 bis 140 Beats pro Minute (bpm) eignen sich für Fortgeschrittene. Zu Beginn reichen auch 110 bpm.

Graser rät, erst mal so zu springen, wie man es von den Kindern kennt: zwei Sprünge bei einem Seildurchschlag. „Aufrechte Haltung, die Knie immer leicht gebeugt, eine kleine Vorspannung in den Beinen, auf den Ballen springen.“ Wer diese Grundsprungtechnik beherrscht, kann anfangen zu variieren: ein Sprung pro Seildurchschlag, mal auf einem Bein, vor und zurück, mit kleinen Drehungen.

Um einiges professioneller geht es in den Vereinen zu, die laut Achim Toscani in den vergangenen Jahren guten Zuwachs verzeichnen. Toscani kümmert sich beim Technischen Komitee Rope Skipping des Deutschen Turner-Bundes um die Öffentlichkeitsarbeit. Geschick und Kreativität sind dabei genauso gefragt wie ein gutes Rhythmusgefühl, erläutert er. Hanno Kramer trainiert die Beelitzer Burning Ropes. Nach dem Aufwärmen werden im Stationstraining Ausdauer, Geschwindigkeit und Koordination eingeübt, bevor es ans Seilspringen an sich geht. Die kleinsten Rope Skipper in Beelitz sind fünf, die ältesten 16 Jahre alt. Einige werden später selbst Trainer oder Trainerin. Mit der nötigen Disziplin kann man auch mit Mitte 40 noch anfangen, sagt Kramer. „Wenn man sagt, ich gehe einmal die Woche und probiere ein bisschen rum, dann wird man mit den koordinativen Dingen nicht weit kommen.“ Älteren mache das erfahrungsgemäß viel mehr Mühe als Achtjährigen: „Die machen das, ohne groß nachzudenken.“

Elisabeth Graser baut das Seil einfach in ihr persönliches Fitnessprogramm ein: „Das Schöne ist, ich kann es als komplett eigenständige Trainingseinheit machen oder ich baue es ein in andere Trainingseinheiten.“ Sie springt zum Warmwerden oder macht beim Joggen alle zehn Minuten eine kleine Einheit von Sprüngen.

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Fit werden mit dem Barre-Training: Dieser sportliche Trend etabliert sich gerade in Deutschland und bedeutet einige Anstrengung.